“Wir wollen nicht mehr Jahre warten, bis sich Schule ändert”, sagen heute viele Eltern.
Die Filme “Alphabet”, “Being and Becoming“ und „Carraba“ haben bei vielen Eltern den Stein zum Rollen gebracht: Wir wollen endlich, dass sich unsere Kinder frei bilden können!
Schluss mit allen Schulen, die das wirkliche Lernen unserer Kinder behindern!
Aber warum tut sich nichts oder nur viel zu wenig????
Die Kinder spüren, dass etwas grundsätzlich nicht stimmt.
Sie können oder wollen über ihr Unwohlsein mit Schule nicht sprechen, wollen ja niemanden weh tun, den Eltern nicht, dem Lehrer nicht….
So werden sie weiter hin und her gerissen, von Zuhause zur Schule, von Klassenzimmer zu Klassenzimmer, von Schulstunde zu Schulstunde, von Fach zu Fach, von Pause zur Stunde und wieder zur Pause, von Schule nach Hause, vom Zuhause zum Einkauf, vom Einkauf zu Freunden, von Freunden zum Fußballplatz, vom Fußballplatz nach Hause an ihre Playstation, dann ans Tablet, danach Hausaufgaben, schnell essen und endlich ins Bett und Einschlafen vorm Bildschirm….. Das irritiert sie und macht sie mürbe! Wie wollen sie zu sich selbst finden, wenn sie ständig im Außen orientiert sind? Wie wollen sie selbstbestimmt, eigenverantwortlich und kreativ leben?
Eigentlich brauchen Kinder/Jugendliche viel Zeit und Muse.
Sie können es aber oft nicht ausdrücken, wo ihnen der Schuh drückt. Sie passen sich schnell an – an einen systembedingten Alltag und gehorchen, um in Ruhe gelassen zu werden…. Enorm lernfähig sind sie!
Wenn das Maß bei ihnen voll ist, ziehen sie sich zurück, werden krank, aggressiv, verweigern…
Eltern sind heute im Alltag dermaßen überlastet mit Beruf, Haushalt, Kindern, Schule… dass ihnen fast keine Zeit bleibt, mit den eigenen Kindern täglich ins Gespräch zu kommen, geschweige, über Veränderungen in der Schule nach zu denken…
Eigentlich haben s i e die Macht! Stell dir vor, es ist Schule und keiner geht hin! Stell dir vor, Eltern entscheiden sich ganz bewusst für einen alternativen Weg mit ihren Kindern…. Stell dir vor, Eltern schicken ihre Kinder nicht mehr zur Schule…
Viele Lehrer fühlen sich ebenfalls mit den Problemen im Schulalltag allein gelassen. Falls sie mal Ideale hatten: Die sind vielleicht in ihren alten Disketten im untersten Schrank verschwunden….
Den meisten denken: Hoffentlich ist der Tag bald geschafft. Überlebensstrategien legt man sich zu: Es wird mit Strenge reagiert, mit Leistungskontrollen hält man die Kinder in Schach und die Versager werden bei der Stange gehalten mit: “Wenn du dich das nächste Mal mehr anstrengst, verbesserst du deine Note!” Das hören sich viele Kinder 10 Jahre oder länger an…
Und in der Pause verzieht “man/frau” sich in´s Lehrerzimmer: “Kaffee!!”
Der Lehrer weiß selbst: Das Wissen des Lernstoffes wird für die nächste Lernkontrolle, für das Zeugnis bei der Entscheidung der Schulform und am Ende der Schullaufbahn für das Abschlusszeugnis gebraucht. Das Wissen braucht man explizit nur für Prüfungen, nicht für´s Leben.
Eine Studie belegt: Im späteren Leben wissen die meisten Schulabgänger von den Lerninhalten nur noch zwischen 2 und max. 10 %!
Was weiß ich noch von Chemie, Physik, Biologie…? Die Fotosynthese kann ich dir nicht erklären.
Entschleunigung und Entspannung wäre angesagt. Das spüren und wissen viele.
Wie soll sich aber was grundsätzlich ändern können?
An einem Aspekt wird deutlich, dass Schule sich im Kern nicht ändert:
Die Schulverweigerer – für mich die stärksten Kinder, die sich dem Auslaufmodell Schule entziehen!
300.000 jugendliche Schulverweigerer waren´s 2009! Experten gehen von noch höheren Zahlen aus. Aktuelle Zahlen finde ich nicht….
Das Hilfsprogramm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ wurde von der Bundesregierung mit europäischen Fördermitteln 2007 ins Leben gerufen.
Bis 2014 wurden ca. 100 Mill. Euro dafür investiert!
2014 stieg die Zahl der Schulverweigerer auf geschätzte 5,8 %, von 11,1 Mill. Schülern im Schuljahr 2013/2014 sind das 580.000 Schulverweigerer!!
Das Hilfsprogramm die blanke “Verarschung”?
2007 – 2016 – Das “Problem” ist geblieben!
Warum ändert sich´s nicht grundsätzlich? Ist es vielleicht gewollt?
Gründe bei Problemen werden immer bei dem Schüler oder den Eltern gesucht
…dass ja nicht der Verdacht entsteht, dass es an der Schule liegen könnte!
Es ist interessant, schau mal bei Wikipedia nach den Gründen für Schulverweigerung, oder in anderen Aufsätzen.
Immer werden die Ursachen beim Schüler oder den Eltern gesucht – n i e bei der Schule selbst!
Zum gleichen Ergebnis komme ich bei den Schulversagern: Drei Gründe werden dem Kind “untergeschoben”: Organische Defizite, häusliche Schwierigkeiten und organische Defizite gekoppelt mit häuslichen Schwierigkeiten.
siehe: hausarbeiten.de
Es läuft nach dem Motto: Wenn mein Auto nicht läuft muss es am TÜV liegen!
Veränderungen brauchen an Schulen viel Engagement der Lehrerschaft. Und es braucht längere Phasen. Dazu müsste jede Kollegin/Kollege von Herzen bereit sein und grundsätzlich über den Begriffe “Lernen/Bildung” neu nachzudenken.
Eine grundlegende Veränderung wird m.E. unter anderem erschwert durch die gute Bezahlung der Angestellten, der Beamten. Ich verdiente 2001 mit meinen 18 Wochenstunden! 2600 Euro netto (allerdings inkl. Familienzuschlag für 5 Kinder).
Wenn Lehrer ihren “Stiefel” gefunden/sich eingearbeitet haben, wer ist dann bereit, unter diesen guten Bedingungen alles umzuschmeißen?
Veränderungen werden auch erschwert durch festgefahrene Muster
Vor 8 Jahren hospitierte ich an einer Grundschule einer ostdeutschen Kleinstadt wegen einer evtl. Einstellung als Grundschullehrer: Mit der Rektorin hatte ich im Nachhinein ein Gespräch, in dem es um Veränderungen und pädagogische Freiheiten ging.
An dem Schulablauf dieser Schule war nicht zu rütteln: “Wir arbeiten hier nach dem “Parallelklassenlehrerprinzip”, also gleichschrittig in enger Absprache mit dem Parallelklassenlehrer!”, so ihre Rede. D.h. gleiche Lernstoffbearbeitung und darauf folgende Klassenarbeit zum selben Zeitpunkt und gleichem Inhalt!
Das kam mir vor, wie eine automatisierte Lernproduktion! Das Kind mit seiner individuellen Entwicklung interessiert in diesem System niemanden!! Wirkliche Pädagogen können in so einem System kaum eigene Entscheidungen treffen. Von wegen “Pädagogische Freiheit” wie ich es im Studium gelernt hatte…. “Ja, im Fernsehen hab ich von anderen Konzepten schon gesehen. Aber bei uns machen wir das so!”, so die abschließenden Worte der Rektorin….
Nein, an so einer Schule will ich nicht (mehr) arbeiten. Wirklich verändern könnte ich sie nicht, das ist mir lange vorher schon klar geworden. Frisches Öl muss man beim Auto ab und zu nachfüllen. Aber in bestimmten Intervallen muss Ö l w e c h s e l gemacht werden…
Nach jahrelanger Betrachtung als Insider drängt sich mir der Verdacht auf, dass das System Schule auf Biegen und Brechen erhalten bleiben soll.
Braucht es die braven Pflichterfüller, die Angepassten, die Ja-Sager, damit dieses (alte) System erhalten bleiben soll?
Es braucht Mut von uns Eltern, einen neuen Weg zu suchen und zu g e h e n. Von “oben” können wir´s nicht erwarten!
Wenn uns unsere Kinder mit ihrer freien Entfaltung, Selbstbestimmung und ihrer Kreativität am Herzen liegen, werden wir neue Wege gehen müssen. Schließen wir uns zusammen und gehen wir sie gemeinsam! Heute!